Demonstration
Das "braune Gold" verliert seinen GlanzImmerath muss weichen
Natur und Klima werden schwer belastet. Die Umsiedlung ganzer Dörfer führt zu verstärkten Protesten. Das Ende des Braunkohletagebaus ist absehbar.
Hand in Hand kilometerlang
Demonstranten versammeln sich in Immerath - dem Dorf, das dem Tagebau weichen muss, auf dem Platz vor der Kirche, die wegen ihrer zwei Türme als "Immerather Dom" bekannt ist. 5000 Menschen sind aus ganz Deutschland und den Nachbarländern angereist. Mit Fahnen, Spruchbändern, Musik und einer kilometerlangen Menschenkette solidarisieren sie sich mit den Einwohnern, die dem Tagebau weichen sollen.
Immerath muss weichen
Allein im Geisterdorf
Wenn es Nacht wird...
Tagebau
Tagebau Garzweiler IIHier arbeiten die größten Landmaschinen der Welt
Ein surrendes Geräusch liegt in der Luft
1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle lagern dort, die bis 2045 abgebaut werden sollen. Die Flöze liegen 40 bis 210 Meter tief unter der Oberfläche.
Jedes Jahr 140 Millionen Kubikmeter... ...Kohle, Lößboden, Sand und Kies
100 Kilometer Förderbänder transportieren Kohle und Aushub ab
Vom Tagebau ins Kraftwerk
Kraftwerk
Mitten im Ort
Mächtig Dampf
Drinnen wird geforscht und weiterentwickelt. Im Kraftwerk Niederaußem steht eine besondere Anlage - die Wirbeschichttrocknung. Allerdings ist die neue Technik noch nicht Standard. Die meisten Kraftwerke trocknen die Braunkohle bei 1000 Grad Celsius - in Niederaußem reichen 110 Grad Celsius. Dabei entsteht sehr viel Dampf, da die Braunkohle zu 60 Prozent aus Wasser besteht. Die Wirbelschichttrocknung erhöht die Effizienz des Kraftwerks um bis zu fünf Prozentpunkte. Zusammen mit anderen Optimierungen erreicht Niederaußem einen Wirkungsgrad von 43 Prozent. Das heißt, dass 43 Prozent der Energie, die in der Braunkohle steckt, in Strom umgewandelt werden kann. Die restliche Energie verpufft als Wärme. Herkömmliche Braunkohlenkraftwerke haben einen Wirkungsgrad von 31 bis 35 Prozent.
In vier Schritten zur Steckdose
Chemische Energie in Wärme
Die erste Station ist der Kohlebunker. Hier wird die Braunkohle gelagert. Von dort aus gelangt sie zur Kohlemühle, in der sie zu einem feinen Trockenpulver gemahlen wird. Das Pulver wird in den Kessel geblasen und bei sehr hohen Temperaturen verfeuert. Die dabei entstehende Wärmeenergie erhitzt Wasser, wodurch Wasserdampf entsteht.
Wärmeenergie in Bewegungsenergie
Unter hohem Druck strömt der Dampf nun zur Turbine, einer Maschine, die hauptsächlich aus vielen propellerartigen Schaufelblättern besteht. Beim Durchströmen gibt der Dampf seine Energie an die Turbine ab. Aus Wärmeenergie wird Rotationsenergie, aus Wasserdampf wieder Wasser. Die Folge: Die Turbine dreht sich. Im Kondensator sammelt sich das warme Wasser und wird anschließend zum Kühlturm transportiert, wo es versprüht wird und sich dabei abkühlt. Daraufhin gelangt das kühle Wasser wieder in den Kreislauf.
Bewegungsenergie zu elektrischem Strom
Die Drehbewegungen der Turbine treiben einen Generator an, der nun das Endprodukt erzeugt - elektrischen Strom. Transformatoren passen anschließend die Spannung an, damit der Strom über Strommasten zu den Abnehmern transportiert werden kann.
So hoch wie der Kölner Dom
Laut und leistungsstarkAus Dampf wird Strom
In der Turbine kühlt der heiße Dampf ab. Dicke Rohre leiten den Dampf in den Kühlturm, wo er kondensiert.
Damit es zu keinen Ausfällen kommt, werden die Turbinen und Generatoren regelmäßig gewartet. Ihre Einzelteile stehen dann außerhalb des gelben Gehäuses in der großen Turbinenhalle.
Unsichtbare Gefahr
Vom Schwefel kann die Waschanlage 95 Prozent zurückhalten. Den Rest verteilen die Schornsteine übers Land. Im Jahr 2013 pustete das Kraftwerk Niederaußem 10.200 Tonnen Schwefeldioxid in die Luft. Das Gas ist farblos und reizt Augen und Atemwege. Doch laut Umweltbundesamt liegen die Schwefeldioxid-Konzentrationen bundesweit so niedrig, dass sie keine Gefahr darstellen.
Komplett ungefiltert bleibt der Klimakiller Kohlenstoffdioxid. Selbst der neueste Block mit optimierter Anlagentechnik (BoA) in Niederaußem entlässt 950 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde in die Atmosphäre.
Kohlendioxid
Sie setzen jährlich rund 28 Millionen Tonnen Kohlendioxid frei. Das ist nicht gut für das Klima. Braunkohle ist der klimaschädlichste Energieträger, weil er am meisten Kohlendioxid abgibt, wenn er verbrannt wird. Je Tonne Rohbraunkohle wird rund eine Tonne Kohlendioxid freigesetzt. Im rheinischen Braunkohlerevier waren es 2014 rund 85 Millionen Tonnen Kohlendioxid.
Quecksilber und Uran
Umweltauswirkungen
Probleme mit dem Wasser
Das Grundwasser muss abgepumpt werden, damit der Tagebau nicht vollläuft. In Garzweiler werden im Jahr rund 133 Millionen Kubikmeter Wasser abgepumpt – fast fünf Mal soviel wie die nächste Großstadt Mönchengladbach verbraucht. Dieser enorme Wasserentzug beeinträchtigt die umliegenden Feuchtgebiete, insbesondere den Naturpark Schwalm-Nette.
Biotope am Tropf
Sprühregen gegen Feinstaub
Mobile und stationäre Regner sollen das Feinstaubproblem lösen. Sie sprühen täglich rund 17.500 Kubikmeter Grundwasser auf Transportbänder, Verkehrswege, Fahrzeuge und den Kohlenbunker.
Das Schaufelrad eines großen Baggers wird mit bis zu 1.000 Liter Wasser pro Minute besprüht.
Alles soll so werden wie früher
3500 Tier- und Pflanzenarten
André Bauguitte, Pressesprecher RWE Power AG
Neue Landschaft nach der Kohle
Neue Landschaft nach der Kohle
Die Natur kommt zurück
Rund 290 Quadratkilometer haben die Tagebaue im Rheinischen Revier bisher beansprucht. Etwa 200 Quadratkilometer davon sind rekultiviert worden. Heute sind dort wieder Äcker, mehr Wälder als vorher und künstliche Seen. Die „Sophienhöhe“ am Tagebau Hambach und die Seen in der Ville sind Beispiele dafür. Wo die Kohle fehlt, bleibt nach der Verfüllung ein Restloch, so auch beim Tagebau Garzweiler. Gefüllt mit Rheinwasser wird daraus nach 2045 ein See, der größer sein wird als der Chiemsee.
Streit um die Qualität von Boden, Wald und Wasser
Die Lößvorkommen im rheinischen Braunkohlenrevier sind einmalig in Europa. Um sie wiederverwenden zu können, müssen sie sorgfältig vom Abraum getrennt und gelagert werden. Sieben Jahre muss RWE die Flächen später vorbereiten, bevor sie an die Landwirte zurückgegeben werden können. Danach haftet der Konzern noch zehn weitere Jahre für ihre Qualität. Trotzdem wird oft darüber gestritten, ob die neuen Böden so gut sind wie die alten es waren. Auch der neue Wald ist anders als der alte. Die Rekultivierung sei „auf absehbare Zeit nicht in der Lage, den Verlust von Altwald-Ökosystemen zu ersetzen“, schreibt der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Ob sich seltene Tierarten, die im Hambacher Forst leben, später im neuen Wald wieder ansiedeln werden, sei fraglich. Bei den künstlichen Seen befürchten Umweltexperten, ihre Wasserqualität könnte nicht ausreichend sein. Die bisher geschaffenen Wasserflächen zeichnen sich allesamt durch erhöhten Salzgehalt und Nährstoffarmut aus. Unklar ist, ob die riesige Wasserfläche von Garzweiler das künftige Klima im Rheinland verändern wird.
Umsiedlung
Der "Dom" ist keine Kirche mehr
Älteren fällt der Umzug schwer
„Man muss das Thema Umsiedlung von den Menschen her sehen und wie sie davon betroffen sind. Die Heimat, in der sie über Jahre und Jahrezehnte gelebt haben und aufgewachsen sind, verändert sich stark. Junge Menschen können damit in der Regel sehr gut umgehen, denn mit den Entschädigungen, die sie erhalten, können sie woanders neues Eigentum errichten. Erheblich schwieriger ist das bei älteren Menschen, und hier gilt es in einem gemeinsamen Prozess diese Menschen mitzunehmen“.
André Bauguitte, Pressesprecher RWE Power AG
Alles auf Anfang
Heimat gegen Strom
Text - Foto - Audio - Video - Grafik - Musik
Sabrina Berrisch
Marie-Theres Demmer
Johanna Diewald
Lisa Eidam
Marina Emsing
Julia Froolyks
Jan-Philipp Forche
Jochen Herrmann
Leo Kölzer
Lea Lindenberg
Deliah Michely
Julian Neitzert
Nina Rink
Daria Tomala
Leitung
Sabine Fricke
Dr. Wolfgang Koch
Rechte
Luftaufnahme Immerath
Seite: „Immerath muss weichen“
Ralf Hergarten
HeliFotoSupport
Foto Hauswand mit Schild
Seite „Wenn es Nacht wird…“
Bodoklecksel
Lizenz CC BY-SA 3.0
Quelle: Wikipedia
Graphik Wasserversorgung im Feuchtgebiet
Seite „Biotope am Tropf“
RWE Power AG (RWE)
Musik
Popvirus