Fühlst du dich gesehen und gehört von der Wahlberichterstattung auf Social Media oder stehlen dir Politiker*innen regelmäßig die Show? Bekommst du Wahlinformationen nur vor die Füße geworfen oder werden dir die tatsächlichen Fakten auch erklärt? Und wird eigentlich mal thematisiert, welche Auswirkungen das alles für dich als Wähler*in hat?
Wahlberichterstattung kann so viel mehr sein als Zahlen, Politiker*innen-Interviews und Streitgespräche, die sich irgendwie immer gleich anhören. In einer Welt voller Fake News, Polarisierung und antidemokratischer Bewegungen ist klar: Journalismus muss mehr leisten. Er soll uns nicht nur informieren, sondern auch unsere Perspektiven einbinden und uns dabei helfen, politische Entscheidungen wirklich zu verstehen.
Die Neuen Deutschen Medienmacher*innen – ein Netzwerk, das sich für Vielfalt und diskriminierungskritischen Journalismus einsetzt – haben zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung sieben konkrete Tipps entwickelt, wie Wahlberichterstattung besser werden kann. Diese wurden 2024 bei einem internationalen Austausch in Berlin vorgestellt und zeigen, wie Journalismus sich weiterentwickeln muss: hin zu Themen, die für uns als Wähler*innen wirklich wichtig sind.
Statt immer nur zu berichten, wer in Umfragen vorne liegt oder welche*r Politiker*in welche Forderung stellt, wie wäre es mal mit Fragen wie: Was steht auf dem Spiel? Für wen? Welche Bevölkerungsgruppe wird in der Politik nicht repräsentiert? Und vor allem: Was will die Wählerschaft hören und besprechen?
Wer lediglich politische Forderungen reproduziert, macht PR und hat keinen journalistischen Mehrwert. Journalismus muss beantworten: Was heißt eine politische Forderung konkret? Ist sie juristisch haltbar? Welche Auswirkungen hat sie auf die Bevölkerung? Und was bedeutet sie für die Demokratie?
Wenn Fakten verdreht werden, ist es schwer, sie wieder gerade zu biegen. Live-Interviews mit Interviewpartner*innen, die Lügen und Desinformationen verbreiten, brauchen einen exzellenten Live-Faktencheck. Wer den nicht liefern kann, sollte das Live-Interview lieber lassen. Nimmt der Einfluss von Fehl- und Desinformationen zu, wird der öffentliche Diskurs zunehmend geleitet von emotionaler Rhetorik. Folgt das öffentliche Meinungsbild dem Grundsatz »ich glaube, also habe ich recht«, dringt faktenbasierter Journalismus nicht mehr durch.
Lügen sind Lügen und Rassismus ist Rassismus. Objektiv zu berichten, heißt nicht, menschenfeindliche Aussagen stehen zu lassen oder zu reproduzieren, sondern Menschenfeindlichkeit als solche zu benennen. Rechtsextremes Framing und Wording gehört grundsätzlich in keine Überschrift oder Sendung. Vor allem nicht ohne die entsprechende Einordnung.
Journalist*innen sollten sich von rechtspopulistischem Agenda-Setting nicht zu sehr ablenken lassen. Denn wenn jedes Thema »migrantisiert« wird, gibt es keine Themen mehr außer Migration. Und die Partei, die das Thema am radikalsten vertritt, gewinnt nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern oft auch die Wahlen.
Populismus und Mediendynamiken passen gut zusammen. Denn Populismus sorgt für Empörung und Empörung für Klicks. Zu einer langfristigen Bindung von Medienrezipient*innen an Medienhäuser führt das jedoch nicht. Viel eher führt Clickbaiting-Journalismus, der sich in der Themensetzung von Rechtspopulismus verleiten lässt, langfristig zu mehr Misstrauen gegenüber den Medien selbst. Denn auch sie sind ein Feindbild derjenigen, die spalten.
Ihre Fragen an Politiker*innen stellen und ihre Geschichten in den Fokus setzen: Das muss Aufgabe von Journalismus sein. Bislang bekommen noch immer die Politiker*innen die meiste mediale Aufmerksamkeit, die am lautesten agitieren. Es fehlt im Journalismus noch immer an kritischem Umgang mit Rechtspopulismus und -radikalismus. Und an den Geschichten derjenigen, die davon besonders betroffen sind. Spätestens seit der EU-Wahl fragen wir uns: Wo bleiben die Perspektiven der marginalisierten Gruppen, die gerade besonders bedroht sind? Demokratischer Journalismus berichtet für alle Teile der Bevölkerung. Und nicht gegen sie.
Aber wie gut klappt das eigentlich auf Social Media?
Um das herauszufinden, haben wir uns 24 TikToks und Reels u.a. von ZDF, ARD, ZEIT Online und RTL-Aktuell, diedaoben (funk) und der FAZ angeschaut und ganz genau analysiert. Mit einem Kategoriensystem basierend auf den sieben Tipps haben wir gecheckt: Kommen wir als Wähler*innen auch endlich mal in den Mittelpunkt?
1. Politiker*innen oder Wähler*innen im Fokus?
Die Neuen Deutschen Medienmacher*innen fordern, Wähler*innen ins Zentrum der Wahlberichterstattung zu stellen – ihre Anliegen und Perspektiven sichtbar zu machen. Unsere Analyse zeigt jedoch: Auf Social Media stehen weiterhin meist Politiker*innen im Fokus (18 von 24 Videos), während die Stimmen der Bürger*innen oft fehlen. In den folgenden Reels und TikToks wird deutlich, wo Politiker*innen dominieren und wo Wähler*innen tatsächlich Gehör finden.
Politiker*innen im Fokus
In diesem Reel der @tagesschau und @berichtausberlin wird Olaf Scholz von Markus Preis (Leiter des ARD-Hauptstadtstudios) zu seiner erneuten Kanzler-Kandidatur interviewt. Warum tritt er wieder an? Was passiert, wenn er kein Kanzler bleibt? Der amtierende SPD-Kanzler steht hierbei im Vordergrund. Themen der Wähler*innen kommen im Reel nicht vor.
Dieses Reel von @die.da.oben zeigt eine Auseinandersetzung zwischen dem Kanzlerkandidaten der CDU, Friedrich Merz, und dem der SPD, Olaf Scholz, im Bundestag. Die Rivalität der beiden Politiker steht im Fokus, es gibt keinen Einblick in die Programminhalte der Parteien. Das Reel ist ganz klar ein Beispiel dafür, dass Politiker*innen im Fokus stehen und Wähler*innen hier keine Rolle spielen.
Wähler*innen im Fokus
Das TikTok von @zeitonline zur Verschiebung der Neuwahlen in den Februar rückt thematisch die Bürger*innen in den Fokus und zeigt die direkten Auswirkungen dieser Änderung (z.B. auf die Weihnachtszeit). Es verwendet hierfür einen humorvollen und alltagsnahen Ton, um über den Wahlzyklus aufzuklären. Damit kann es die Ansprüche der Neuen Deutschen Medienmacher*innen zum Teil erfüllen.
Hier kann man nicht ganz klar sagen, ob Politiker*innen oder Wähler*innen im Fokus stehen.
Bei diesem @faz Reel wird die Faktenlage zu der Vertrauensfrage erklärt. Anhand der Aufmachung lässt sich nicht eindeutig sagen, ob der Hinweis der Neuen Deutschen Medienmacher*innen zum »Fokus auf Wähler*innen« hinreichend beachtet wurde. Im Fokus steht eher der weitere Ablauf der Vertrauensfrage.
2. Verlautbart oder eingeordnet?
Journalismus sollte mehr sein als reine Informationsweitergabe. Die Neuen Deutschen Medienmacher*innen betonen, wie wichtig es ist, politische Aussagen einzuordnen, ihre Folgen zu erklären und Fakten klar darzustellen. Unsere Analyse zeigt jedoch, dass etwa die Hälfte der untersuchten Beiträge auf Social Media bei der bloßen Verlautbarung bleibt. In den folgenden Reels und TikToks zeigen wir Beispiele für beide Ansätze: Wo wird nur berichtet – und wo tatsächlich eingeordnet?
Hier wird verlautbart.
In diesem TikTok von @rtlaktuell kommentiert die Linken-Politikerin Heidi Reichinnek den »Online-Beef« zwischen Christian Lindner und Robert Habeck. Im Interview konfrontiert die Redaktion sie mit Videos von Lindner und Markus Söder dazu. Auf diese reagiert sie belustigt: »typisch Jungs«. Allerdings wirkt das Video sehr provokant geschnitten, eine Einordnung der Redaktion fehlt. Dadurch entsteht der Eindruck, Reichinnek würde sich ausschließlich selbst inszenieren.
In diesem Reel von @die.da.oben erklärt Friedrich Merz anlässlich der bevorstehenden Neuwahlen im Bundestag, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD für ihn ausgeschlossen ist. Das Thema wird nur aufgearbeitet, indem ein Zusammenschnitt aus der Bundestagsrede gezeigt wird. Es gibt keine Caption oder eine*n Presenter*in, die eine Einordnung oder Orientierung bieten.
Das Reel von @zdfheute zeigt Bundeskanzler Olaf Scholz, wie er im Bundestag seine Entscheidung verteidigt, durch die Vertrauensfrage den Weg zu Neuwahlen zu ermöglichen. In seiner Rede betont er, dass eine Fortsetzung der Arbeit der Ampel-Koalition nicht mehr möglich gewesen sei. Dieses Video ist klar als verlautbarend einzuordnen, da es die offizielle Position des Bundeskanzlers darstellt, jedoch nicht einordnet.
Hier wird eingeordnet.
Dieses Reel von @diedaoben behandelt den Gesetzentwurf zum Thema Schwangerschaftsabbrüche und die Änderungen, die sich für Bürger*innen ergeben würden. Dabei wird auch vermutet, dass Friedrich Merz die Debatte strategisch auf die Zeit nach den Neuwahlen verschieben könnte. Durch die ausführlichen Erklärungen und Einbettungen der Aussagen von Politiker*innen durch die Presenterin wird das Thema klar eingeordnet.
3. Werden die Auswirkungen für die Bürger*innen beschrieben? Ja oder Nein?
Die Neuen Deutschen Medienmacher*innen fordern, dass Berichterstattung nicht nur Informationen liefert, sondern auch erklärt, welche Folgen politische Entscheidungen für die Menschen haben. Unsere Analyse zeigt: Ansätze davon sind zwar in zwei Drittel der untersuchten Videos zu finden, aber insgesamt kommt diese redaktionelle Analyse nach unserer Auffassung auf Social Media oft zu kurz. In den folgenden Reels und TikToks wird sichtbar, ob und wie die Auswirkungen für Bürger*innen thematisiert werden – oder ob dieser wichtige Kontext fehlt.
Ja, hier werden Auswirkungen für Bürger*innen beschrieben.
Dieses Reel der @faz befasst sich mit der Tatsache, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage verloren hat. Das Resultat und damit die Auswirkung auf die Bürger*innen ist, dass die Neuwahlen nun feststehen. Zudem werden politische Inhalte kurz behandelt und erläutert, dass die Koalitionsbildung lange dauern kann, womit die politische Lage für die Bürger*innen unübersichtlich bleiben könnte.
In diesem Beitrag von @rtlaktuell interviewt eine Redakteurin den Stern-Chefkorrespondenten Nico Fried. Das Thema: Welche Koalitionen könnten nach den Neuwahlen im Februar entstehen – und was bedeutet das für uns? Fried gibt seine Einschätzung dazu, wie sich mögliche Bündnisse auf die Bevölkerung auswirken könnten.
Ähnlich läuft es bei einem Interview mit dem NTV-Korrespondenten Thomas Berding. Hier gibt er seine Einschätzung zur Frage, ob ein AfD-Verbot realistisch ist. Bei diesem Video ist nicht ganz klar, ob Berding eine journalistische Einordnung gibt, oder eine persönliche Meinung im Sinne eines Kommentars äußert.
Nein, hier werden die Auswirkungen für Bürger*innen nicht genannt.
Das Reel von @zdfheute zeigt einen Zusammenschnitt mehrerer Reden aus dem Bundestag, in dem prominente Politiker*innen wie Olaf Scholz, Friedrich Merz, Alice Weidel, Christian Lindner und Markus Söder zu Wort kommen. In kurzen Ausschnitten äußern sie sich zur aktuellen politischen Debatte. Der Fokus des Videos liegt ausschließlich auf der politischen Ebene und den Standpunkten der Politiker*innen, ohne dass direkte Auswirkungen auf die Bürger*innen herausgearbeitet werden. Es beleuchtet lediglich die Diskussionen und Positionen innerhalb der politischen Führung.
Dieses TikTok von @zeitonline ordnet ein, dass Friedrich Merz gute Chancen hat, der nächste Bundeskanzler zu werden, indem es aktuelle Umfragen und historische Präzedenzfälle analysiert und so Nutzer*innen eine Prognose gibt. Die Neuen Deutschen Medienmacher*innen fordern eine stärkere Einordnung von politischen Inhalten durch Journalist*innen, eine Prognose thematisiert also nur zum Teil die Auswirkung für Bürger*innen.
Ein Hinweis der Neuen Deutschen Medienmacher*innen betont die Gefahr, durch rechtspopulistisches Agenda-Setting jedes Thema auf Migration zu reduzieren – die sogenannte »Migrations-Falle«. Unsere Analyse zeigt jedoch: keines der betrachteten Reels und TikToks weist Anzeichen dafür aufweist, dass eine Redaktion in diese Falle getappt ist. Stattdessen präsentieren die Beiträge häufig eine breite Themenvielfalt, die weit über migrationsbezogene Inhalte hinausgeht.
Die Analyse zeigt, dass auf Social Media weiterhin Politiker*innen im Mittelpunkt stehen, während Wähler*innen oft nur Zuschauer*innen bleiben.
Zudem entsteht der Eindruck, dass Social Media von Reichweitenmechanismen und algorithmischen Vorgaben stark geprägt ist, was journalistische Entscheidungen hier mehr beeinflusst als in klassischen Formaten. Besonders deutlich wurde dies bei den @rtlaktuell-TikToks, hinter denen ein privatwirtschaftlich organisierter Fernsehsender steht.
Auf den wirtschaftlich orientierten Social-Media-Plattformen ist die vom Journalismus generell und insbesondere vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk geforderte Orientierung am Gemeinwohl eine Herausforderung. Medien mit journalistischem Qualitätsanspruch sollten daher sorgfältig prüfen, ob und wie sie die Gemeinwohlorientierung unter diesen Bedingungen umsetzen können.
Immerhin: Der Versuchung, viele Themen in den Kontext von Migration zu stellen, sind die untersuchten Medien nicht erlegen. Zumindest nicht im Untersuchungszeitraum direkt nach der Veröffentlichung des Termins für die Neuwahl und vor dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg.
Grundsätzlich liegt in den Interaktionsmöglichkeiten der sozialen Netzwerke eine große Chance, diese als Werkzeug für eine Stärkung der Demokratie zu nutzen. Stell dir vor, TikTok und Instagram würden dich nicht nur mit Informationen versorgen, sondern echten Dialog und Teilhabe ermöglichen – ein Ort, an dem Austausch und Mitgestaltung im Zentrum stehen.
Achtung: nicht jedes Reel sagt die (ganze) Wahrheit. Ein Reel ist nur ein kurzer Ausschnitt – und kann nie die ganze Situation darstellen.
Informiere dich vielfältig – mehrere Kanäle sind angesagt!
Manche Reels werden nur zu Vorankündigungen genutzt oder verweisen auf andere Formate. Frage dich immer: Was für einen Mehrwert hat die gegebene Info für mich? Gibt es überhaupt einen? Wie beeinflusst das meine politische Meinung?
Die Mediennutzung
Unsere Analyse begann mit der Frage, wie junge Menschen in Deutschland Informationen zur Bundestagswahl erhalten. Bei der Bundestagswahl am 23. Februar haben etwa 2,3 Millionen Erstwähler*innen die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben – rund 3,9 Prozent aller Wahlberechtigten. Doch welche Medien und Plattformen nutzen jungen Menschen, um sich zu informieren?
In allen Altersgruppen werden Nachrichten laut dem Reuters Digital News Report in Deutschland eher online und auf Social Media konsumiert. Zählt man Youtube zu den sozialen Netzwerken, so wird dieser Kanal im Vergleich zu anderen am häufigsten genutzt.
Quelle: Reuters Digital News Report 2024
Quelle: Reuters Digital News Report 2024
Insgesamt stellt der Report einen Trend zum zunehmenden News-Konsum per Video fest, gerade bei jüngeren Nutzer*innen: »Short news videos are accessed by two-thirds (66%) of our sample each week, with longer formats attracting around half (51%). The main locus of news video consumption is online platforms (72%) rather than publisher websites (22%), increasing the challenges around monetisation and connection«.
Die Shell-Jugendstudie bescheinigt den 15-25-Jährigen aber durchaus einen kritischen und kompetenten Umgang mit den verschiedenen Medienangeboten. Laut dieser Erhebung nutzen sie für Informationen über Politik mehr als drei unterschiedliche Kanäle. Nur 1% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen informiert sich ausschließlich über soziale Netzwerke und Messenger-Apps. Insgesamt nutzen 45% der Jugendlichen Online-Medien für politische Informationen, aber 35% greifen weiterhin auch auf klassische Medien zurück. Und dennoch wird Online-Informationskanälen zunehmend mehr Vertrauen entgegengebracht.
Quelle: Shell-Jugendstudie 2024
Andere Ergebnisse hat die mit qualitativen Methoden durchgeführte SINUS-Studie »Wie ticken Jugendliche?« von 2024 mit Jugendlichen von 14 bis 17 Jahren ergeben. Danach sind soziale Medien Nachrichtenquelle Nr. 1: TikTok, Instagram, Youtube und Co., zudem Nachrichten-Apps, wie Google oder Apple News. Dennoch wird auch in dieser Altersgruppe Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks großes Vertrauen entgegengebracht. In dieser Altersgruppe wird zugleich weniger aktiv nach Nachrichten gesucht. Die Autor*innen sprechen davon, dass die Jugendlichen durch von Algorithmen gesteuerten Empfehlungen eher zufällig von aktuellen Ereignissen erfahren und bezeichnen politische Inhalte eher als »Beifang«.
Quelle: SINUS-Studie 2024
Die Analyse
Unsere Untersuchung stützt sich auf eine qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz, bei der wir insgesamt 24 TikToks und Instagram Reels analysiert haben. Der Fokus lag auf den Social-Media-Auftritten klassischer Medien mit klarem journalistischem Anspruch, basierend auf den Ergebnissen des Reuters Digital News Report 2024 und einer Auswertung zur Glaubwürdigkeit von Nachrichten in Deutschland. Ziel war es, die Berichterstattung dieser Medien im Hinblick auf die sieben Hinweise der Neuen Deutschen Medienmacher*innen zu bewerten.
Für die Analyse wurden Beiträge von folgenden Accounts untersucht: Instagram: @zdfheute (3), @berichtausberlin (3), @die.da.oben (funk) (3), @spiegelmagazin (2), @faz (3), TikTok: @zeitonline (5), @rtlaktuell (5).
Quelle: Reuters Digital News Report 2024
Die analysierten Beiträge sind zwischen dem 11. November (Entscheidung zu den Neuwahlen) und dem 19. Dezember veröffentlicht worden. Bei Accounts mit mehr als fünf Videos zur Wahlberichterstattung im Untersuchungszeitraum wurden solche mit einer maximalen Konstrastrierung in Bezug auf die Fragestellung ausgewählt.
Die Wahlberichterstattung wurde weit definiert, da davon ausgegangen wurde, dass mit der Festlegung des Wahltermins am 11. November Politiker*innen und Parteien bereits im Wahlkampfmodus agierten. Es wurden Beiträge einbezogen, die mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllten:
Eine Voraussetzung für die Aufnahme ins Sample war eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge, wie Zusammenschnitte von Bildmaterial und die Ergänzung durch Texte im Video oder Postingtext.
Das methodische Vorgehen
Zur systematischen Analyse wurde ein Kategoriensystem entwickelt, das auf den sieben Hinweisen der Neuen Deutschen Medienmacher*innen basiert. Für jedes Reel oder TikTok wurde ein detailliertes Sequenzprotokoll erstellt. Dieses dient als Grundlage für wissenschaftliche Filmanalysen und umfasst eine zeitliche Erfassung des Informationsflusses, dramaturgische Einheiten sowie die Einteilung in Sequenzen und Subsequenzen. Dabei wurden Handlungsabläufe, Figurenkonstellationen und formale Aspekte berücksichtigt.
Ausschnitt aus Sequenzprotokoll
Ausschnitt aus Kategoriensystem
Mit diesem Ansatz wollten wir herausfinden, inwiefern die Beiträge den Hinweisen der Neuen Deutschen Medienmacher*innen entsprechen und welche Schlüsse für die Wahlberichterstattung auf Social Media gezogen werden können. Unser methodisches Vorgehen gewährleistet dabei eine fundierte Grundlage für die Bewertung und Interpretation der Ergebnisse.
Diese Arbeit wurde von den Autor*innen Angela Valdivia Manchego, Greta Abstohs, Tim Breuer, Denise-Paka Kialanda, Jennifer Müller, Janik Nolden, Saida Stegemann, Christoph de Vries und Emilia Matschulla unter der wissenschaftlichen Betreuung und Leitung von Prof. Dr. Susanne Keil verfasst. Gestaltung Pageflow: Janik Nolden und Emilia Matschulla.